Sie ist in der Schweiz geboren, doch hierzulande kennen nicht viele Leute ihre Musik: Die Rede ist von Rapperin Chilla. Vielleicht liegt es am Röstigraben, sie ist nämlich in Genolier im Kanton Waadt geboren und rappt auf Französisch. Mittlerweile lebt sie in Frankreich, wo sie zu einem grossen Namen im Rap avanciert.
Vor wenigen Wochen ist Chillas zweites Album «MŪN» erschienen, hier beweist sie, dass sie beinahe unter sämtlichen Aspekten des Musikmachens eine grosse Entwicklung hinter sich hat, verglichen mit ihrem ersten Album aus dem Jahr 2017. «MŪN» läuft im Moment rauf und runter in unseren Headphones. Deshalb hier unsere fünf Lieblingstracks aus den 17 Songs, die auf dem Album sind.
Premier jour d’école
Der erste Track des Albums gehört gleich zu unseren Lieblingstracks. Es ist gleichzeitig eines der wenigen Lieder, die von anderen Künstlern mitgeschrieben wurden. In diesem Fall bekam sie Unterstützung von Youssoupha, ein bekannter Name in Frankreich.
Der Song handelt von der Schwierigkeit erwachsen zu werden. Chilla spielt mit verschiedenen Begriffen aus der Schulzeit und versucht so, ihren inneren Konflikt zu beschreiben, zwischen dem Kind-Sein und dem Leben als erwachsene Person. So singt sie im Refrain: «J'aimerais apprendre c'qu'on apprend pas à l'école. Comment grandir si je n'comprend pas les codes?»
Zentral im Beat ist das Gitarren-Sample, das durchgehend zu hören ist. Eine akustische Version des Tracks lag deshalb nahe und liess auch nicht lange auf sich warten. In dieser alternativen Version hören wir, dass Chilla definitiv singen kann und dabei keine technischen Hilfsmittel nötig hat.
Zum Song ist im Herbst 2018 auch ein Video erschienen. Es handelt sich dabei um die erste Single-Auskoppelung zum kürzlich erschienenen Album. Das Video wurde in einer Schule aufgenommen und spielt, wie das Lied auch, mit der Sprache, die aus der Schulzeit bekannt ist.
Plus la même
Auch in diesem Lied geht es um die Schule. Chilla spricht zu ihrer ehemaligen Lehrerin und erklärt ihr, wie sie Rapperin geworden ist. Chilla scheint keine angenehme Schulzeit gehabt zu haben: Offenbar glaubten ihre Lehrpersonen nicht daran, dass sie es mit der Musik schaffen würde.
In einem Interview erklärte Chilla, dass sie nach der obligatorischen Schulzeit verschiedene Studiengänge an der Universität und am Konservatorium in Lyon begonnen hat, allerdings nie sehr weit gekommen ist. Jedes Mal habe sie das Gefühl gehabt, es sein nicht das Richtige für sie.
Der Beat von Fleetzy ist unaufgeregt und lässt Chilla viel Platz auf dem Track. Im Refrain kommt Chillas Stimme dann richtig zur Geltung, wenn sie ihrer Lehrerin eklärt, sie sei «plus la même».
Dis-Leur
Auch hier ist wieder «Fleetzy on the track», wie so schön am Anfang des Tracks zu hören ist. Diesmal ist der Beat düsterer und nimmt gängige Sonoritäten aus dem Trap auf. Entsprechend hören wir eine andere Chilla als auf den meisten anderen Tracks des Albums: Sie achtet stärker auf die Technik und wechselt einige Male den Flow. Damit beweist sie, dass auch sie eine durchaus technisch versierte Rapperin sein kann.
Trotzdem geht die Message nicht verloren: Wer einen typischen Representer-Track erwartet, wird enttäuscht sein. Allerdings hat es auf dem ganzen Album keinen Song, der diesen Wunsch erfüllen würde. Im Refrain geht sie explizit auf Rapper ein, die das Bild des mit Kodein und Stereoiden vollgepumpten Rappers bedienen. Deren Flow sei «codeiné» und «proteiné». Sie rechnet in «Dis-leur» auch mit anderen Dingen ab, die sie stören: Vom mangelnden Respekt unter Jugendlichen, über fake Brüste bis hin zu sozialer Ungleichheit und Luftverschmutzung. Ein ziemlich breites Spektrum.
Bridget
Die Bridget, die dem Track den Namen gibt, ist Bridget Jones. Wie die Hauptfigur des Films, gespielt von Renée Zellweger, singt Chilla, sie wolle nicht alleine enden. Gleichzeitig möchte sie aber nicht in einer Beziehung sein, aus Angst, verlassen zu werden. Der Text ist persönlicher, als die meisten anderen Tracks des Albums. Gleichzeitig ist der Beat ziemlich poppig. Das Ganze ist wieder von Fleetzy produziert und zählt wahrscheinlich eher zu den Songs des Albums, die im Radio gespielt werden könnten.
Es gibt auch ein Video dazu, indem Chilla eine einsame Geschäftsfrau spielt. Zwischen Beruf- und Privatleben sehen wir, wie sie durch den Alltag geht. Alleine vor dem TV sieht sie sich Liebesfilme an und rappt darüber, dass sie nicht alleine seine möchte.
Jungle
Diese Mal erhält Fleetzy die Unterstüzung von Noize beim Produzieren des Beats. Das Resultat ist ein düsterer Beat, auf dem Chilla einmal mehr beweist, dass sie auch auf schnelleren Beats flowen kann. Definitiv einer der Tracks, die an Liveshows für Abriss sorgen werden.
Der Song selbst wurde ausserdem von Olympique Lyon gewählt für das Präsentationsvideo ihrer neuen Trikots. Im Clip des Fussballteams hat die Rapperin einen kurzen Auftritt. Trotzdem gibt es noch ein offizielles Video von Chilla selbst.
Dass genau dieses Lied vom Fussballverein ausgewählt wurde, ist kein Zufall: Im Text spricht Chilla einerseits über Dschungeltiere und andererseits braucht sie mehrere Metaphern, die auch auf den Fussball umgemünzt werden können, wie etwa: «Les leçons s'apprennent dans la défaite, ouais».