Er galt als Pionier des US-Drills und das mit nur 20 Jahren. Sein Tod war das Ende einer Karriere, die gerade erst so richtig gestartet wäre. Mit «Shoot for the Stars, Aim for the Moon» lieferte Pop Smoke ein klasse Debutalbum, das dem klassischen Trapkosmos eine wünschenswerte Abwechslung bietet und Drill salonfähig macht.
Der Tod vor dem ersten Album
Im Februar dieses Jahres wurde Pop Smoke in Los Angeles im Zuge eines Raubüberfalles von vier maskierten Tätern erschossen. Er starb an den Verletzungen in seinem Oberkörper und wurde wenig später offiziell für tot erklärt.
Bis dahin hatte er nur zwei Mixtapes gedroppt, durch die er recht schnell landesweit Aufmerksamkeit bekommen hatte. Man war fasziniert vom freshen neuen Sound, der dem eher monotonen Trap vom Rest der Szene eine willkommene Abwechslung bot. Der Song «Welcome to the Party» von seinem ersten Mixtape «Meet the Woo» und «Dior» schlugen sofort ein und wurden Hits des New Yorkers. Umso gespannter war man dann auf sein Debutalbum. Leider konnte er das Release selber nicht mehr miterleben, doch es ist auf jeden Fall ein mehr als würdiger Abschied von der Musikwelt und zeigt auf, wozu der Rapper noch im Stande gewesen wäre.
«SftS, AftM» ist kompromisslos und verzichtet auf Lückenfüller
Man merkt beim Hören sofort, dass Pop Smoke Spass hatte beim Musikmachen und keinen Song vom Album als Lückenfüller drauf gepackt hat. Das Album weist eine unglaubliche Energie auf, die den Hörer von Anfang an mitreisst und verschiedene Vibes verbindet. Es gibt klassische Drillsongs wie «Aim for the Moon» featuring Quavo oder «44 Bulldog», aber auch melodiösere Tracks wie «Something Special» oder «The Woo» mit 50 Cent und Roddy Ricch.
Zu 50 Cent hatte Pop Smoke wohl eine besondere Affinität, denn Fifty ist nicht nur als Feature auf dem Album vertreten, ihm zu Ehren hat Pop Smoke auch eine Hommage an «Many Men» gemacht. Auf «Got It On Me» rappt der aus Brookyln stammende Rapper die legendäre Hook nach und verleiht dem Klassiker so einen neuen Anstrich. Der Song ist sehr gut gelungen und vereint Nostalgie mit aktuellem Sound. Auf den Parts rappt er wie gewohnt sehr energiegeladen.
Auch auf «Gangstas» kommt der alte Fifty-Vibe gut zur Geltung. Der Beat erinnert sehr an den New Yorker Sound der 2000er Jahre und zeigt, dass Pop Smoke unter Anderem davon inspiriert wurde. Im Gegensatz zu den sonst sehr kraftvoll gerappten Tracks, rappt er hier eher Laid-back und entspannt. Dies bringt Abwechslung ins Album und ergänzt den pushigen Drillsound sehr gut. Allgemein sind zwei Stile bemerkbar, die das Album prägen. Zum einen der eben genannte Drillsound, der typisch ist für Pop Smoke und ihn bekannt gemacht hat, zum anderen ein frischer Sommersound, der zum Entspannen und mitfühlen einlädt. Auf «Enjoy Yourself» bringt die Featurepartnerin Karol G auch noch einen spanischen Part und bringt so sommerlichen Latinoflavour mit auf den Song.
Die Produktion des Albums ist sehr gut auf die einzelnen Tracks und die Gesamtheit des Albums abgestimmt. Es wirkt nicht wie eine Playlist der besten Songs, die er im Produktionszeitraum gemacht hat, sondern wie ein stimmiges Gesamtwerk, das genau so am Stück hörbar sein sollte.
«Shoot for the Stars, Aim for the Moon» ist ein abwechslungsreiches und facettenreiches Album, das dem Hörer gute Einblicke in die Drillwelt von Pop Smoke gibt. Der Sound klingt zu 100% nach 2020 und weckt den Wunsch nach mehr solcher Musik. Leider wird es das von Pop Smoke aber nicht mehr geben. Nichtsdestotrotz hat der 20 Jährige ein tolles Debutalbum abgeliefert, das die Türen für andere Drill-Künstler weit aufgemacht hat.
Drill ist erst am Anfang
Klar, Drill ist nichts Neues und gibt es in Grossbritannien schon lange, doch Pop Smoke hat es geschafft den Sound in Amerika und somit dem auch im Rest der Welt salonfähig zu machen. Hip Hop in den USA ist in den letzten Jahren fast ausschliesslich von klassischen Trapkünstlern wie Future, Migos oder Travis Scott geprägt worden.
Pop Smokes Musik unterscheidet sich davon in mehreren Punkten und bietet so eine erfrischende Abwechslung im Rapkosmos. Der Tod von Smoke ist umso tragischer, wenn man bedenkt, dass es in Sachen Drill in Amerika nicht viele Künstler gibt, die diese Musikrichtung so stark pushen, wie er. Es ist zu hoffen, dass dieses Album in Zukunft vielen anderen Musikern den Anstoss gibt, das weiterzuführen, was Pop Smoke begonnen hat, denn dieser Sound ist erst am Anfang und könnte das nächste Grosse «Hype-Genre» der nächsten Jahre im Hip Hop werden. Es ist also abzuwarten ob wir in Zukunft noch mehr in dieser Richtung zu hören bekommen, wünschenswert wäre es aber auf alle Fälle.
Bis dahin kann man sich jedoch mit Vergnügen das neue Album von Pop Smoke anhören, wenn man auf guten US-Drill steht und pushigen Sound gemischt mit sommerlichen Laid-back Vibes fühlt.